In der Sitzung wurden der Gutachter Prof. Dr. Rudolf Meyer, 76 Jahre aus Blankenfelde und Prof. Dr. R. Hambrecht, 52 Jahre aus Bremen, als Herzspezialisten und Gutachter gehört. Nach der ganzen Stadtdiskussion um Einstellung war die interessierte Öffentlichkeit in Form von Presse und Fernsehen und über 30 Prozessbeobachtenden anwesend.
Zunächst ist festzustellen, dass der Raum gewechselt wurde, was mehr Platz und Trennung zwischen Presse und sonstiger Öffentlichkeit bedeutet, außerdem eine größere Präsenz an Saalordnern und Polizeipräsenz.
Die unerträglichen Frotzeleien zwischen Staatsanwalt und Verteidiger scheinen ein Ende gefunden zu haben.
Es gab keinerlei Hinweis der Richterin auf die für Freitag angesetzte Debatte um die Einstellung des Prozesses.
Beide Gutachter stellten formal fest, dass sie zu ihren jeweiligen Gutachten von 2005 in vollem Umfang stehen.
Meyer wurde vor allem als Herzgutachter vernommen. Er führt seine Aussage bzw. sein Gutachten anhand einer schriftlichen Niederschrift und Gewebeproben des Herzens aus, dabei geht er insbesondere auf eine Vorschädigung des Herzens ein, aus seiner Sicht besteht diese Narben, die durch Viren oder andere toxische Stoffe verursacht sein können, deren Ursache aber nicht nachweisbar ist. Dies sei ungewöhnlich für das Alter des „Patienten“; auf Nachfrage der Richterin, ob es kritisch sei für den Gesundheitszustand, antwortet Meyer mit „Ja“, um dann ein Beispiel aus seiner Arbeit in einer Klinik in einem sozialen Brennpunkt auszuführen, in der Herzinfarktpatienten mit einer mehrjährigen Alkoholanamnese nicht mehr wiederzubeleben gewesen seien, obwohl, wie im vorliegenden Fall keine nennenswerte Vergrößerung des Herzens vorgelegen habe.
Es folgen weitere Nachfragen der Richterin, ob psychischer Stress ein Auslöser für die Reaktionskette wie im vorliegenden Fall gewesen haben kann. Meyer wiederholt, er sei kein Kliniker und könne die Frage so nicht beantworten. Letztlich müsse man als Arzt wissen, dass es solche auch vom Patienten unbemerkten Vorerkrankungen gäbe. Die Richterin fragt nach Hinweisen für Drogen und Bluthochdruck, was beides von Meyer verneint wird.
Auf ihre Frage, ob die Schädigung auf die Brechmittelvergabe zurückzuführen sein könnte, verneint Meyer, da die Narben älter seien.
Richterin: Können die Vorschädigungen mitursächlich oder alleinursächlich sein für den Tod?
Meyer: Nein, dass sei spekulativ. Man wisse nicht wieviele Menschen in derselben Lage seien und sich beispielsweise so über diesen Prozess aufregen, dass es zu einem Herzversagen führe. Es gäbe auch keine ausreichenden naturwissenschaftlichen Untersuchungen, wieviel Stützgewebe ein Mensch brauche.
Die Richterin fragt noch nach Anzeichen für weitere Krankheiten, was der Gutachter verneint. Es gäbe aber Hinweise auf eine therapeutische Intervention, die ihm 2005 noch nicht aufgefallen wären.
Auf die Frage der Richterin nach Anzeichen für einen plötzlichen Herztod, sagt Meyer, dass dieser hier nicht nachweisbar sei, er es aufgrund der Grenzen diagnostischen Vermögens aber nicht ausschließen könne.
Die Vertreterin der Nebenklage, Frau Maleika hakt nach, dass Gutachter von einem toxischen Herzschaden ausgeht, den er nicht nachweisen könne und das Beispiel der Alkoholsüchtigen verifiziere, die nicht reanimierbar gewesen seien. Laye Conde sei aber sofort nach der Sauerstoffgabe reanimiert worden. Was ließe sich daraus schließen?
Meyer sagt die Schädigung durch Alkohol sei in unseren Breiten am häufigsten, deswegen habe er dieses Beispiel erwähnt, aber auch Viren könnten toxische Wirkung verursachen. Anscheinend habe die notärztliche Maßnahme ausgereicht, um Herrn Conde wieder ins Leben zurückzuführen und wer mit der Symptomatik Herzinfarkt in die Klinik komme, habe gute Überlebenschancen.
Hauptgutachter Schneider fragt nach, ob die Angaben über Herzgröße und Herzwandstärke von ihm so übernommen worden seien, worauf Meyer auf das in Deutschland immer noch gängige Normverständnis aus dem Jahr 1931 eingeht und konstatiert, dass es inzwischen vielleicht neuer Normwerte bedarf, diese gäbe es aber nicht.
„Wir haben keine Untersuchungen von Normwerten in Afrika. Das ist ja auch so ein grober Überbegriff. Da gibt es ja auch sehr viele unterschiedliche Rassen. Es gibt dicke Menschen und dünne Menschen…“
Nach einer Einordnung gefragt, sagt Meyer, es handele sich jedenfalls in diesem Fall um ein gering vergrößertes oder normales Herz. „Zugespitzt gesagt, spielt die Herzmasse hier keine Rolle.“
Wenn ich es richtig verstanden habe, schloss der Guachter Meyer es auf eine Nachfrage aus, dass die Reanimation ursächlich für den Tod Condes gewesen sein könnte. Die Befragung des Gutachters Hambrecht ergibt in diesem Punkt dasselbe: das Reizleitungssystem sei nach der Intubation völlig in Ordnung, die Herzleistung sei intakt gewesenen. Eine Besonderheit sei das schnelle Anschlagen der Medikamente und es hätten keine typische Zusammenstellung der Laborwerte für Alkohol gegeben.
Durch die Reanimation kann es theoretisch zu einer temporären Verschlechterung des Herzschlages kommen.
Auf die Frage der Richterin, ob derjenige selber etwas von der Vorschädigung gewusst haben könnte, antwortet auch Hambrecht damit, dass 60% der schwerer als Conde vorgeschädigten Menschen keine Krankheitssymptome feststellen. Befragt, ob ein Arzt es feststellen kann, die klare Aussage Ja, als Arzt sollte man das wissen und kann es auch feststellen.
Hambrecht führt aus, dass die Wirkung auf das Gehirn viel schneller gravierend wird, als auf das Herz. Durch eine Blaufärbung der Haut des Patienten, was bei diesem Patienten vielleicht schwierig festzustellen gewesen sei, gäbe es ein Warnsignal.
Im Folgenden geht es um die Sauerstoffsättigung im Blut, um die Einschätzung des Röntgenbildes, um die Auswirkungen von Reflexen, die möglicher Weise ausgelöst wurden.
Es gab ein für mich nicht nachvollziehbares Hin- und Her zwischen Richterin, Hambrecht und Staatsanwalt, ob die Bradykardie (= ‚Langsamherzigkeit‘) oder die Behandlung (mit Pinzette Spachtel Würgreiz auslösen wollen?, Würgen?) zuerst festzustellen sei…
Die Richterin fragte etwas zur Auffälligkeit des EKGs.
Hambrecht kann sich nicht an ein EKG erinnern, alle Prozessbeteiligten werden zur Ansicht zur Richterin gerufen. Es scheint darum zu gehen, welches EKG den Gutachten zugrunde liegt.
Der Prozess wird für eine halbe Stunde unterbrochen, um die Akte zu durchsuchen.
Um 11.30 Uhr geht es mit der Frage der Richterin weiter, ob Hambrecht fündig geworden sei, dieser muss verneinen, auch nach längerer Suche findet sich in dieser Akte das EKG nicht an und er merkt an, dass er dem Gericht den Zustand dieser Akte zu bedenken geben möchte.
Im Folgenden geht es länger um P-Wellen, die auf dem EKG nicht abgebildet sind. Nach Konsequenz aus allen Indizien gefragt, sagt Hambrecht, dass es keinen Hinweis auf einen Herzinfarkt gibt, auch nicht labormedizinisch. Im übrigen könne nicht von einem plötzlichen Herztod gesprochen werden, das habe er auch schon gesagt!
Die Vorschädigung könne auch nicht alleinursächlich für die Bradykardie sein, dass sie auch eine Rolle spielte, ließe sich aber nicht ausschließen, in Kombination mit Hypoxämie (=wenig Sauerstoff im Blut). Es habe sich um eine reversible Bradikardie gehandelt
Der Schlüsselbefund sei die die Hypoxämie.
Dann geht es noch um Manipulationen am Hals, dies bleibt mir aber unverständlich.
Maleika fragt, ob der Artikel der „Engländer“ (zum Tod durch ‚Autonomen Konflikt‘, den Prof. Birkholz eingeführt hat) auch Hambrecht vorgelegt werden sollte. Auf die Frage von Hauptgutachter Schneider, ob er in der Fachwelt schon einmal etwas von einem Autonomen Konflikt gehört habe, verneint Hambrecht. Auch die Frage von Schneider, ob eine Pupillenverengung Hinweis auf eine Hypoxämie sein könne, verneint dieser.
Joester fragt, ob Hambrecht glaube, dass nach dem Einsatz eines Spatels der einen Reflex auslöst, eine Bradykardie sofort oder nach 15 Minuten einsetze, Hambrecht sagt: eher sofort.
Die Richterin ruft die Mittagspause aus, damit sich Hambrecht den Aufsatz durchlesen kann. Unterbrechung bis 13.00 Uhr.