Pressemitteilung der Initiative in Gedenken an Laye-Alama Condé zur Vernehmung des ehemaligen Bürgermeisters und Justizsenators Scherf am 16.09.13

Vor dem Bremer Landgericht hat der Auftritt von Henning Scherf heute klargemacht, dass sich der ehemalige Bürgermeister und langjährige Justizsenator einer politischen Aufarbeitung der Vergabe von Brechmittel nicht stellen will. Scherf wollte – auf direkte Nachfrage im Gerichtssaal – noch nicht einmal Worte des Bedauerns über den Tod von Laye-Alama Condés durch die zwangsweise Brechmittelvergabe in Bremen 2005 finden.

Die Initiative in Gedenken an Laye-Alama Condé sieht sich durch seine heutige Aussage jedoch darin bestätigt, dass Henning Scherf als maßgeblich politisch Verantwortlicher vor der Tötung von Condé zu keinem Zeitpunkt auch nur im entferntesten Zweifel an der Vergabe von Brechmitteln hatte. Der Einsatz von Brechmitteln sei nach den Worten des ehemaligen Bürgermeisters „unverzichtbar“ und „Beweissicherungsalltag“ gewesen; sein Justizressort habe den Einsatz von Brechmitteln stets einhellig befürwortet – dies gelte auch für die Staatsanwaltschaft und RichterInnen. KritikerInnen – regierungsintern, aus der SPD-Fraktion, von ÄrztInnen aus Bremen, vom Bremer Anti-Rassismusbüro – wurden hingegen von ihm in seiner Eigenschaft als Justizsenator und/oder Bürgermeister entweder gemaßregelt oder ignoriert. Scherf ging vor dem Bremer Landgericht sogar so weit zu behaupten, dass er die Tötung von Achidi John, dem ersten Brechmittelopfer 2001 in Hamburg, nicht mitbekommen habe – ein verantwortlicher Justizsenator ‚übersah‘ somit auch die darauffolgende bundesweite Diskussion, als deren Folge einige Bundesländer die Vergabe von Brechmitteln zur Beweissicherung einstellten. Auch die ausführliche Debatte in der Bremer Bürgerschaft im Januar 2001 war für Henning Scherf offensichtlich komplett irrelevant – die Fraktion der Grünen hatte damals den Antrag gestellt, die Brechmittelvergabe in Bremen sofort zu stoppen. Im Klartext heißt das, dass die Gefahr für Leib und Leben der von der Brechmittelfolter Betroffenen für den politisch Verantwortlichen eine zu vernachlässigende Kleinigkeit war. Vor diesem Hintergrund ist es nicht verwunderlich, dass der ehemalige Bürgermeister angab, es habe vor der Tötung von Laye Condé 2005 in keinem einzigen Fall Schwierigkeiten bei der Brechmittelvergabe gegeben.

Seit 2001 wurde billigend in Kauf genommen, dass es bei der Vergabe von Brechmitteln Tote geben kann. Für die Initiative in Gedenken an Laye-Alama Condé ist in Bremen Henning Scherf der Politiker, der dafür die Hauptverantwortung trägt. Seine Zeugenaussage vor dem Bremer Landgericht hat gezeigt, dass er bis heute von der Legitimität des Einsatzes dieser Foltermethode so überzeugt ist, dass er weder willens ist, sein Festhalten an dieser Politik im nachhinein kritisch zu reflektieren noch Worte der Trauer über ihre Tödlichkeit auszusprechen.

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